Trenul amintirilor - Поезд воспоминания - Pociąg pamięci - Train of commemoration - Zug der Erinnerung - Az emlékezés vonata - Vurdon so na bistrel nahles - o treno tis mnimis - To treno tis mnimis - Pociag pamieci - Train de la mémoire - Zuch vun der Erënnerung - Vlak uspome

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Auszug aus dem Protokoll der Wannseekonferenz

Zug der Erinnerung Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen

Unmoralischer Profit

SchülerInnen beim Besuch des Zuges in
Saarbrücken. Foto: Maurer

Saarbrücken - Anlässlich der Ausstellungseröffnung auf dem Hbf in Saarbrücken veröffentlichte die Saarbrücker Zeitung am 6.12. einen Kommentar, den wir ungekürzt wieder geben. Von SZ-Redakteurin Christine Koch-Dillenburger

Es ist nicht zu fassen: Zuerst hätte Bahn-Chef Mehdorn die Wanderausstellung über deportierte Kinder am liebsten auf dem Abstellgleis gesehen. Damit kam er nicht durch – die Vereine „Zug der Erinnerung“ und „DenkmalMit!“ haben mit ihrem Engagement durchgesetzt, dass der Zug mit der Vergangenheit an Bord nun quer durch Deutschland rollt. 

Zugleich ist genau das aber der traurige Höhepunkt des jahrelangen Kampfes um die Ausstellung. Der Konzern Deutsche Bahn hat sich nach Angaben der Vereine weder finanziell noch ideell an dieser Ausstellung beteiligt. Im Gegenteil: Er kassiert sogar Geld von den Ausstellungsmachern für die Streckennutzung. Skrupellos! Bereichert er sich doch damit indirekt an dem Leid der von der Deutschen Reichsbahn Deportierten. 

Eine armselige Haltung, die verletzender für Überlebende nicht sein könnte.

Endstation Erinnerung

Ausstellung über deportierte Kinder macht im Saarbrücker Hauptbahnhof Station

Der „Zug der Erinnerung“ ist gestern auf Gleis 1 des Saarbrücker Hauptbahnhofs eingefahren. 
In seinem Innern ist bis Samstag eine Ausstellung mit Fotos und Briefen von deportierten Kindern zu sehen.

Von SZ-Redakteurin Christine Koch-Dillenburger

Saarbrücken. Der 94-jährige Alex Deutsch aus Neunkirchen 
schafft es gestern Morgen einfach nicht, in den „Zug der Erinnerung“ am Saarbrücker Hauptbahnhof einzusteigen.  „Ich habe Angst, dass ich wieder zusammenklappe“,  flüstert der kleine Mann mit Stock und Brille. Der Bahnsteig, die vielen Menschen, die Enge, die Hektik, die Kälte, der Viehwaggon, die blecherne Stimme aus den Lautsprechern – alles erinnert Alex Deutsch an den 27. Februar 1943. Das war der Tag, an dem er, seine damalige Frau Thea und sein kleiner Sohn Dennis in Berlin in einen Waggon der Deutschen Reichsbahn steigen mussten. Die Endstation 
hieß Auschwitz-Birkenau. Dort endet am 8. Mai 2008, 
dem Jahrestag der deutschen Kapitulation, auch die Fahrt des „Zuges der Erinnerung“. Bis dahin bringt der Zug eine Ausstellung über deportierte Kinder in mehr als 40 Städte Deutschlands.

Laut stampfend, scheinbar wütend zog eine Dampflokomotive der Ulmer Eisenbahnfreunde die Waggons gestern auf Gleis 1 in Saarbrücken. Gerade so, als wollte sie der Behauptung von Bahnchef Hartmut Mehdorn trotzen, Bahnhöfe seien keine „würdigen“ Orte für das Thema Holocaust. Mit diesem Argument hatte Mehdorn es 2006 abgelehnt, die Ausstellung „11 000 Kinder. 
Mit der Reichsbahn in den Tod“ von Serge und Beate Klarsfeld auf deutschen Bahnhöfen zu zeigen (wir berichteten).

Genau das wollten der Verein „Zug der Erinnerung“ und der Saarbrücker Verein „Denkmal-
Mit!“, dessen Vorsitzender Richard L. Borg sich mit vielen anderen Unterstützern für eine 
Ausstellung im Saarland stark gemacht hat, nicht hinnehmen. Deshalb mietete der Verein 
„Zug der Erinnerung“ bei der  „DB-Netz“ Gleise für eine Reise quer durch Deutschland mit Endstation Auschwitz. Kosten: rund drei Euro Trassengebühr pro Kilometer plus einem Regelsatz für die Zugaufenthalte. Diese Beträge summieren sich auf mehrere 10 000 Euro. Einen Erlass dieser Gebühren hat die Bahn AG laut Verein abgelehnt.  Die Kosten der Ausstellung, die mit Fotos und Briefen das kurze Leben der Deportierten dokumentiert – zwischen 300 000 und 500 000 Euro – 
werden aus Spenden bestritten. Auch von den Saarbrücker Eisenbahnern bekam Borg Unterstützung: Man empfing die Gäste der Ausstellung im Bahnhofscasino.

Ministerpräsident Peter Müller würdigte gestern die „großartige Initiative“ der beiden Vereine. Am Bahnsteig umringt von Schülern der Erweiterten  Realschulen Kirkel und Schmelz sagte er: „Wir, die in dieser Zeit nicht gelebt haben, haben die Pflicht, die Erinnerung aufrecht zu erhalten. Denn die Zahl derjenigen, die diese menschlichen Abgründe erlebt haben, wird immer geringer.“

Die Abgründe – Alex Deutsch hat sie erlebt. Leise bedankt er sich bei den Ausstellungsmachern,
dass sie der Toten gedenken. Unter ihnen sind auch seine frühere Frau Thea und sein Sohn Dennis, ermordet in Auschwitz. Dennis wurde nur zwei Jahre alt.

Aus: Saarbrücker Zeitung vom 6.12.2007